Februar 2020 Hanna Krauße

 

Vorname:               Hanna                                                                                  

 

Nachname:            Krauße

 

Geburtstag:        07.07.2003

 

Geburtsort:         Arnstadt

 

Wohnort:             Arnstadt

 

Schule:                Emil-Petri-Schule Arnstadt

 

Klasse:                10d

 

Schulabschluss:  Realschule

                           (jetzt: Übergangsjahr zum Abitur)

 

Hobbys:               schreiben, lesen, Musik (mehrere Instrumente, singen, Musical-Training), Yoga, Sport

 

Faszination an Geschichte: Es ist unsere Vergangenheit und das, woraus wir entstanden sind. Ich liebe Geschichten und finde es immer wieder spannend, von der einen Geschichte zu hören und zu lesen, die uns alle etwas angeht. Denn diese Geschichte ist tatsächlich passiert. Besonders faszinierend ist es für mich, wenn ich die Entwicklung im Laufe der Geschichte verfolge und sie mit unserer heutigen Zeit vergleiche.

 

 

 

 

 

 Februar 2020

 

 

DDR.

 

Zwei Staaten.

 

Umbruch.

 

Wiedervereinigung.

 

 

 

Was hat das alles schon für eine Bedeutung für mich? Diese Zeiten liegen weit hinter mir. Als ich geboren wurde, gab es nur das eine Deutschland.

 

Jede Ferien kann ich verreisen, wohin ich will. Ich kann aus meinem beruflichen Leben machen, was ich will, kann Sängerin werden oder Autorin, kann singen, worüber ich will, schreiben, worüber ich will. Ich kann essen, was ich will, kann meine Ernährung ganz bewusst gestalten mit BIO, Fairtrade, möglichst wenig Zusatzstoffen, möglichst abwechslungsreich. Was ich im Supermarkt auch suche, ich habe von allem eine riesige Auswahl und kann mir das Beste herauspicken.

 

Das ist meine Zeit. Was davor war, kann mir doch egal sein, nicht wahr?

 

Nein, ganz und gar nicht.

 

Wie sollte ich denn unsere aktuelle Zeit begreifen können, ohne zu wissen, was davor geschah?

 

Immer wieder kam es zu Momenten, in denen Mama von ihrer eigenen Kindheit erzählte oder Opa davon berichtete, wie er sich vor 20 Jahren gefühlt hatte. Selten habe ich genauer nachgefragt…aus Zeitmangel oder vielleicht doch einfach aus zu wenig Interesse.

 

Mein Interesse bezüglich unserer Geschichte hat sich durch dieses Projekt zum Thema Umbruch sehr verändert.

 

Schon immer habe ich es geliebt Tagebuch oder erfundene Geschichten zu schreiben. Als ich im Klassenraum saß und wir über das Geschichtsprojekt redeten, wusste ich noch nicht, ob ich wirklich daran teilnehmen wollte. Dann kam mir jedoch die Idee mit den Tagebucheinträgen und ich war mit einem Male Feuer und Flamme. Ich war hochmotiviert mit meinen Verwandten und Bekannten über ihre Vergangenheit zu sprechen und ihre Erfahrungen und Erinnerungen niederzuschreiben.

 

Ich war begeistert, mich nun mehr mit dem Thema DDR auseinandersetzen zu können.

 

 

 

Ja, ich verreise immer, wenn Ferien sind. Meist besuchen wir unsere Verwandtschaft, die im Norden oder unsere Bekanntschaft, die im Westen wohnt. In den letzten Sommerferien habe ich eine Sprachreise nach England gemacht, was ein großartiges Erlebnis für mich war. Aber immerhin ist es für mich selbstverständlich, dass ich ins Ausland reisen kann, wann immer ich das möchte.

 

Für meine Eltern und Großeltern war es das nicht.

 

Es ist für mich unerklärlich, wie ein Staat seinem Volk so viele Freiheiten nehmen konnte. Ich finde den Gedanken nicht schlecht, dass jeder ungefähr gleich viel besaß, jeder etwas zu tun hatte und selten jemand hilflos dastand, weil er nichts mit sich und seinem Leben anzufangen wusste. Aber wenn ich mir dann die Schattenseiten der DDR ansehe, kann ich es kaum fassen, wie man so etwas hatte tun können.

 

Meine Eltern sind an der Müritz aufgewachsen, in einem typischen Ossi-Gebiet. Sie hatten eine glückliche Kindheit und Jugend, gingen gerne zur Schule und trafen sich oft mit Freunden. Wenn sie verreisten, dann an die Ostsee, was ja nicht weit von ihrem Wohnort entfernt war. Aber sie waren zufrieden mit dem, was sie besaßen und mit dem, was sie taten, auch wenn es nicht der Luxus höchstpersönlich war.

 

Noch heute sind sie darauf getrimmt, so wenig wie möglich wegzuwerfen und mein Bruder und ich haben diesen Wiederverwendungssinn übernommen. Darüber bin ich sehr froh, denn man findet immer wieder eine Verwendung für etwas.

 

 

 

Wenn Mama von früher erzählt, klingt ihre Kindheit immer viel unbeschwerter und glücklicher als meine eigene. Vielleicht hängt  das damit zusammen, dass sie und ihre Freunde sich damals nicht so viele Sorgen um ihre Zukunft gemacht haben. Sie haben mehr im Hier und Jetzt gelebt, hatten keine Existenzängste.

 

Aber letztendlich weiß ich nicht, was genau der Unterschied war. Was damals geschah, ist für mich trotz Büchern, Filmen und Erzählungen nicht komplett nachvollziehbar. Das ist auch der Grund, weshalb ich zwischendurch Probleme bei der Arbeit an unserem Projekt bekam.

 

Zu Beginn machte ich mich daran, so viele Bekannte wie möglich über die DDR und ihre Empfindungen und Erlebnisse zu dieser Zeit zu interviewen. Das allein war für mich bereits bedeutsam, Es ist erstaunlich, wie viel mehr man über Personen, die einem schon recht nahestehen, erfährt, wenn man ihre Geschichte hinterfragt. Aufgrund des Projektes nahm ich mir viel mehr Zeit, mich damit zu befassen.

 

Probleme traten für mich jedoch beim Schreiben der Einträge auf. Ich wusste nicht, wie ich beginnen sollte, war mir nicht sicher, ob das, was ich niederschrieb, richtig war. Die Tatsache, dass ich nicht selbst in der DDR aufgewachsen war und die Erinnerungen der Menschen nur aus den Interviews und nicht aus der Realität kannte, machte mir viel mehr zu schaffen, als ich es zu Beginn erahnt hätte.

 

Zwischendurch zweifelte ich sogar daran, dass ich überhaupt etwas zustande bringen könne, was den Personen, aus deren Sicht ich schrieb, recht sei.

 

Doch schließlich rang ich mich dazu durch. Kaum hatte ich die ersten Zeilen hinter mir, bekam ich die Motivation, die mir für einen Moment entflohen war, wieder zu fassen.

 

Ich begann mit den Einträgen meiner Oma. Das Schreiben dabei wurde für mich erleichtert, da ich gerade mit ihr zusammen im Urlaub war und dadurch einfacher auf ihre Charakterzüge eingehen konnte. Immer, wenn ich mit einem Eintrag fertig war, las ich ihn ihr vor und Oma sagte mir, was nicht ganz korrekt war, beziehungsweise, was sie vielleicht anders geschrieben hätte. Auf diese Weise fühlte ich mich in meiner Vorgehensweise bestätigt und somit sicherer.

 

Meinem Opa stellte ich parallel zum Schreiben noch mehrere Fragen, bevor ich ihm das Endergebnis präsentierte, und die anderen beiden, aus deren Sicht ich schrieb, rief ich an, um es ihnen am Telefon vorzulesen.

 

Ich achtete sehr darauf, wie sich meine Zeitzeugen wohl ausdrücken würden und bemühte mich, meinen Schreibstil an ihre Charakterzüge und Erzählweise anzupassen. Außerdem baute ich einige Floskeln ein, die sie oft verwenden.

 

So schrieb ich aus der Sicht meiner Oma ausführlicher, auch wich ich mehrmals vom eigentlichen Inhalt ab und baute einige neckische Bemerkungen ein, wie sie es oft beim Reden tut.

 

Die Einträge meines Onkels sind dagegen beispielsweise eher knapp gehalten, da ich mir sicher bin, dass er immer auf das Wesentliche geachtet und Abschweifungen vermieden hätte.

 

Unterschiede sind auch zwischen den Einträgen derselben Person zu spüren, was ich auf die Veränderungen der Sichtweise im Verlauf der Wende bezogen habe.

 

 

 

Letztendlich kann ich sagen, dass ich sehr froh bin, dass ich mich dazu entschieden habe, an dem Geschichtsprojekt teilzunehmen und auch mein Motivationstief und meine Zweifel überwinden konnte.

 

Es war sehr interessant, mit meinen Zeitzeugen zu reden und mich mit ihren Gedanken und Gefühlen zu beschäftigen, um diese schließlich zu Papier zu bringen.

 

Ich habe viel über meine Geschichte und über die Menschen zu der Zeit der DDR und des Mauerfalls erfahren können. Ich merke auch, wie ich nun viel aufmerksamer diesem Thema gegenüber bin.

 

Dank des Projektes kann ich jetzt besser nachvollziehen, was sich damals ereignet hat. Die Jugendzeit der DDR klingt schön und ich denke, ich hätte diese auch gerne erlebt. Dennoch bin ich erleichtert, dass ich nicht in dieser Zeit leben muss, denn es hätte mich sehr beunruhigt, so sehr vom Staat überwacht worden zu sein. Außerdem habe ich heute viel mehr Möglichkeiten, mich frei zu entfalten und das ist etwas, auf das besonders ich einen großen Wert lege. Mein Bekannter aus dem Westen, der Musiker ist, berichtete Ähnliches. Auch ich möchte gerne später etwas Künstlerisches machen. In der DDR wäre mir dieser Gedanke wohl auf der Stelle ausgeredet worden.

 

Auch die Reisefreiheit ist für mich nicht wegzudenken. Schließlich ist es wichtig, dass wir so viele Erfahrungen wie möglich in unserem Leben sammeln. Und ich denke, das kann ich in der heutigen Zeit um einiges besser.

 

 

 

Der Umbruch war eine bedeutsame Phase in einem Land vor unserer Zeit.

 

Dank des Geschichtsprojektes habe ich gelernt, was er für die Menschen, die ihn miterlebten, bedeutete. Und dafür bin ich dankbar.